Der "erhobene Zeigefinger": bitte nicht "aus der Form fliegen" beim Musikemachen

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Gast1372

Guest
Mindestens genauso wichtig wie nicht aus dem Takt zu kommen (in Rock, Jazz, Volksmusik, usw.), ist, nicht "aus der Form zu fliegen".
Die Form - damit sind die aneinander gereihten Teile eines Songs gemeint, die Strophen, oft mit "Bridge" (deutsch: "Brücke", auch Mittelteil, nicht zu verwechseln mit "Refrain", das zu erklären, wäre hier zu viel).

Eine "Bridge" bringt in die aneinander gereihten Strophen etwas Neues oder Anderes ein und damit Abwechslung oder Erhöhung der Spannung, bevor es dann wieder mit einer Strophe weiter geht. Während die Strophen die Melodie ausmachen und daher ganz typisch für einen Song sind, ist eine "Bridge" so etwas wie genormt.
In verschiedenen Songs können sich daher "Bridges" gleichen oder ähneln. Strophen und "Bridge" haben bestimmte Längen oder Anzahl von Takten.

Zwei Grundformen gibt es, die "Bluesform" ( = AA) und die "Standardform" ( = AABA-Form), von denen viele weitere Formen ableitbar sind (z. B. die AB-Form, es zu erklären, wäre hier zu viel).

Die "Bluesform" hat zwei Strophen (A und noch mal A), eine Strophe ist zwölf Takte lang.

Die "Standardform" besteht aus Strophe, noch mal Strophe, dann "Bridge", und erneut Strophe. Eine Strophe ist acht Takte lang, ebenso die "Bridge", also vier aneinander gereihte Teile je acht Takte, ergibt 32 Takte.

Nun ist ein Song nach diesen 32 Takten nicht zu ende, sondern drei bis fünf und mehr wieder aneinander gereihte "Standformen" ergeben eine ganzen Song, genauso erst mehrere aneinander gereihte "Bluesformen".

Und es ist nicht so, dass man während des Spielens zur Orientierung etwa die Takte laut zählt. Vielmehr liegen die zwölf Takte der Strophe einer "Bluesform" oder die acht Takte einer Strophe und "Bridge" bei der "Standardform" im Gefühl. Man fühlt, wann eine Strophe zu ende geht und eine neue beginnt, an der zum Beispiel wieder Gesang einsetzt und das Gitarrensolo beendet sein muss.

Unsicherheit beim Fühlen eines Strophenendes kann man durch Training (Lernen, Üben) beseitigen. Sogar 'ausgefuchsten Musikerinnen' kann es passieren, dass sie das Ende einer eigentlich simplen Strophe in einer "Bluesform" erst nicht durchschauen, etwa bei einer vertrackten Melodie. Und statt der zwölf spielen sie plötzlich dreizehneinhalb Takte, der einsetzenden Sängerin voll hinein und bringen gar die ganze Band aus dem Takt: Dann muss man sich diese Stelle im Song genau ansehen, besonders je komplizierter es wird (abgeleitete Formen, zehntaktige Strophen, andere Taktanzahl der "Bridge" als bei den Strophen, usw.).

Also, bitte möglichst nicht "aus der Form fliegen". Bis zum vielleicht nächsten "erhobenen Zeigefinger"
 
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